Das Eiderstedter Alphabet

 

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Das Armenwesen in Eiderstedt

 

Sankt Peter galt als das Armenhaus von Eiderstedt, denn hier war die sandige Dünenerde unfruchtbar und es gab nur wenige große Höfe mit landwirtschaftlich gutem Boden. Dagegen gab es aber viele Arme, die sich teilweise von Meer ernährten (Jan und Gret). Volckmar 1795 nennt St. Peter und Ording = „die Wüsten Arabiens“.

 

Die Versorgung der Armen war hier ein besonders großes Problem, aber ähnliche Verhältnisse gab es in jedem Kirchspiel in Eiderstedt.

Vor der Reformation

galt die Grundhaltung, dass die Armut ein gottgegebener Zustand sei und ein jeder „sein Schicksal auszuhalten habe“. Aber es wurde auch geholfen: Man gab Almosen aus Angst vor dem Fegefeuer,, und zwar in der Hoffnung auf Gegenleistung: Do ut Des (ich gebe, damit du mir gibst) Durch Almosen wurde Befreiung vom Fegefeuer versprochen: „wer gibt, kommt in den Himmel“ Es war eine Form von Handel. Dazu gehörten auch die Pilgerfahrten und der vor allem der Ablass.

Gesammelt wurde die Hilfe im Armenblock und verteilt durch die Kirchenbeamten.

 Armenblock von Ording


Nach der Reformation 1524

wird vor allem die Armenversorgung durch die protestantische Kirche geregelt.

1542



erscheint die Kirchenordnung, die das kirchliche Leben organisiert, aber auch einige

Verordnungen für die Armenversorgung bestimmt. Es wird eine Armenkasse, ein Armengremium und ein Armenvorsteher ernannt.

1572 und 1591 kümmert sich das Eiderstedter Landrecht um die Regelung für die Hausarmen.

Die Grundhaltung ist jedoch: Wer nicht will arbeiten, soll auch nicht essen.




1648      erfolgt die Gottorfsche Armenverordnung. Auch sie bestimmt vor allem die

Versorgung der Hausarmen, die eigenen Armen, nicht für fremde Bettler. Nur „unsere Armen“ und nur die, die “christlich lebten“ sollen unterstützt werden.

Die christliche Kontrolle haben die Hebammen und der Pastor, denn gerade Armut durch sexuelle Ausschreitungen gilt als unchristlich. Über Kirchenbuße, den Anteil an den Brüchegeldern, Anteile an den Strafen bei Hochzeitsfeiern, Kindstaufen und ausschweifenden Beerdigungsfeiern kommen Gelder in die Armenkasse und werden verteilt.

1693      wird der Klingelbeutel eingeführt,

1696      kommt die Konfirmation für die Erwachsenen, die sich aber freikaufen können und so die

Konfirmation nur für die Kinder gilt.

1698      erfolgt wieder eine Verordnung gegen ausländische Bettler Krüppelfuhren.

 

Armenwesen unter dänischer Herrschaft

1721      bestimmt der dänische Staat in absolutistischer Manier die gesellschaftlichen

Regelungen in Eiderstedt. Bis 1750 ergehen 7 Verordnungen gegen/ für das Armenwesen; bis 1800-18 Verordnungen und bis 1850-53.

1736      Diese Armenordnung beginnt mit dem Verbot des Bettelns. Sie verordnet die

Abweisung von fremden Armen durch den Kirchspielboten: sie droht mit 6 Wochen Festungshaft, bei wiederholtem Betteln mit lebenslanger Zuchthausstrafe. Sie wird ergänzt durch das Verbot der Beherbergung von Fremden.

Um die Hilfe für die „rechten Armen“. d.h. die „eigenen Armen“ wird die Führung eines Armenregisters befohlen, um zu erfahren, wo jemand geboren ist, um seine Berechtigung zu beweisen. Hinzu kommt die genaue Kontrolle der Bedürftigkeit: ob jemand krank ist, spinnt, säuft, oder „als Schulmeister arbeitet“.

1749      wird die Armensteuer der Besitzenden festgelegt und

„Niemand darf aus seinem Armendistrikt vertrieben werden“

Jedes Kirchspiel sucht nach Mitteln, um Geld für die Armen zu beschaffen:

Zinsen aus Armenländereien

Legatengelder

Bohlgelder (Versteigerungserlöse)

Beysteuer bei Hochzeiten für die Hebamme

Abgabe von Sperlingsköpfen

Anteil am Strandgut von 1774 (Ording)

Singen der Kinder zu Weihnachten

1808      Armenordnung

1813      folgt der dänische Staatsbankrott, danach Missernten 1818 und 1819; die Sturmflut 1825 hat die

Situation besonders schwer gemacht 13, 6 % der Bevölkerung müssen versorgt werden.

1826      Wachhaus in Ording, um die Dünen zu schützen, die aus Not von der Bevölkerung geplündert

werden. Kontrolle durch das Militär.

Die Fettviehgräsung verbessert das Leben der Besitzenden, aber nicht das der Arbeiter, die nun keine Arbeit mehr finden.

 

Neu ist die Regelung des Heimatrechts1 : Nicht mehr der Geburtsort ist entscheidend, um Anrecht auf Versorgung zu haben, sondern der Ort der Zeugung. Daraus entsteht die Notwendigkeit, ein Gesindebuch zu führen. So erfolgt

1840      die Gesindeordnung

1841      Armenordnung Sie regelt die

Versorgung der Hausarmen mit Geld, Feuerung, Nahrung

Leichenbegräbnis, Strandleichen

Arztkosten, Kornrechnungen, Schulgelder

Kostgeld (Frage des Vaters, der Schwängerung)

1853      Errichtung von Armen- oder Werkhäusern „Das Grothuus“ auf der Bövergeest

(Regulativ Heft 26, S. 77Ff = Entmündigung: Sauberkeit, Tagesablauf, Arbeit und Verhalten wird vorgeschrieben.)

 

1867 Preußischer Staat

Jeder Staat hat die Pflicht, für seine hilflosen Mitbürger zu sorgen (Bismarck)

1869      Gesetz zum Schutz der Kinder

1883      Krankenversicherungspflicht

1884      Unfall und Invalidenversicherung

1891      Arbeitsschutzgesetz und freiwillige Arbeitslosenversicherung

 

 

1 Dänische Verwaltung (1721 bis 1866) kümmert sich um Armenregelungen