Das Eiderstedter Alphabet

 

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DAS BIIKEBRENNEN oder ST.PETRI-FEUER

 

B I I K E

Das Wort Biike ist ein friesisches Wort und heißt auf hochdeutsch und plattdeutsch  B a k e. Die Grundbedeutung dieses Wortes ist Zeichen, Mal, Hinweis. Das Feuer der Biike, das Biikebrennen, ist also ein brennendes Hinweisschild. In welche Richtung dieses Schild zeigt, welche Bedeutung dieses Feuer haben kann, ist eine Frage der Interpretation und der Sinngebung.

Dieses Feuer hat für sich alleine noch keine Bedeutung, es ist neutral und kann für ganz verschiedene Bedeutungen eingesetzt werden und dies ist auch gemacht worden.

 

DIE BEDEUTUNG DES BIIKEBRENNENS

So steht das Biikebrennen

a)    religiös für die reinigende Kraft des Feuers, Opferfeuer, Hexenverbrennung

b)    es hat die Bedeutung als Warnfeuer bei drohender Gefahr,

       Zusammenkunft zum Krieg, zur Verteidigung

c)    Signalfeuer für den Thingtag

       Regelung der Geschäfte, der Vereinbarungen

          - " -          für den Aufbruch

          - " -          für den Abschied der Walfänger

          - " -          für den Amtsantritt

d)    Fruchtbarkeitsfeuer für das kommende Frühjahr,

       Beginn der Feldarbeit, Ende des künstlichen Lichts.

e)    Feuer zur Vertreibung des Winters, Beginn ewiger Liebe.

f)     Zeichen für Freiheit und Frieden,

          - " -     für Gemeinsamkeit und Zukunft

          - " -     für regionalwe und nationalwe Verbundenheit.

 

Alle diese Bedeutungen waren möglich, alle sind im Laufe der Geschichte hervorgebracht worden.        

 

BIIKEBRENNEN IST KEIN EWIGER BRAUCH

Bis jetzt haben wir nur zwei historische Hinweise auf Feuer in der Geschichte Eiderstedts.

 

Für Eiderstedt wissen wir, daß im Jahre 1572 die Männer durch Kedenfeuer = Kettenfeuer an den

Deichen zusammengerufen wurden, um sich gegen Feinde von der See zu wehren. Es stellte sich bald heraus, daß diese Feinde friedliche Kaufleute waren und die ganze Aufregung umsonst war.

Heimreich schreibt in seiner Chronik von 1666 , daß die Friesen zum Frühjahrsthing der Harde durch ein Feuer zusammengerufen wurden.

Das sind die beiden einzigen Quellen für Feuerzeichen vor 1800 . Auch für die nordfriesischen Inseln gibt es nicht mehr Quellen.

Die Hinweise auf Biikebrennen mehren sich erst ab 1800 . Dies hat seinen Grund darin, dass sich ein Denken regionaler Verbundenheit durchgesetzt hatte. Man fühlte sich als eine Gruppe, als ein Volksstamm. Verbunden mit den Freiheitsbestrebungen dieser Zeit akzeptierte man Bedeutungen wie Freiheitswille, regionale Verbundenheit, Kampf gegen die Dänen und Kampf gegen die Unterdrückung. Es war die Zeit, in der auch die friesische Landschaftsfahne mit dem Grütztopf und dem halben Adler entstanden ist.

 

Um 1920 erhält das Biikebrennen eine noch stärkere nationale Prägung, da in dieser Zeit die

Abstimmung über die deutsch-dänische Grenze die Gemüter bewegt, und schließlich konnte ab 1933 das Feuer gut für Volks- und Brauchtum übernommen werden. die Erinnerung an diese Feuer der NS-Zeit machen uns auch heute ganz empfindlich gegen Feuer und Fackelzug.

 

DIE GRUNDBEDEUTUNG ERWÄCHST AUS DEM FOLGENDEN TAG

Wenn St. Peter noch eine katholische Gemeinde wäre (ab 1542 protestantisch), dann hätten wir einen Ortsheiligen und einen Namenstag für den Ort. Dieser Tag wäre vielleicht Peter und Paul im Juni oder der 22. Februar, der Petri-tag.

 

I.          PETRITAG (22. Februar) Es ist der Tag "cathedra Petri", der 22. Februar, der "Stuhl Petri" genannt.

 

  1. Dieser Tag war ehemals römischer Totengedenktag, an dem die Römer ihrer Ahnen gedachten und ihnen beim Essen einen Stuhl hinstellten und sie mit Speisen bewirteten.
  2. Die Christen übernahmen diese Sitte und stellten auch bei ihren Feiern einen leeren Stuhl hin, der an Petrus erinnern sollte, der die christliche Gemeinde in Rom gegründet hatte. Der 22. Februar wurde ein christlicher Gedenktag an Petrus, und da Petrus der Begründer der Kirche war, damit den christlichen Anfang in Europa darstellte, wurde dieser Tag bedeutsam durch das Element des Neubeginns.
  3. Das Element der Amtsübernahme, der Neuanfang, der Beginn eines Amtes wie Petrus das Amt der Kirche übernommen hatte, wurde nun mit dem 22. Februar verbunden.
  4. Schließlich wurde der Stuhl zur Bezeichnung für ein Amt und aus dem leeren Stuhl wurde der "Lehrstuhl" für einen bestimmten Auftrag.

     

II.        THINGTAG

    Dieser christliche Petritag fiel in Nordfriesland zusammen mit dem Frühjahrsthing. An diesem Tag wurden die Amtsgeschäfte und die Erbangelegenheiten geregelt, Verträge wurden abgeschlossen und Pläne und Vorhaben besiegelt.

Und aus diesen beiden Grundbedeutungen hat dann das Feuer die verschiedenen Deutungen des Neuanfangs bekommen:

 

Beginn des Frühling und Vertreibung des Winters,

Beginn der Frühjahrsarbeit,

Aufbruch zur Arbeit auf den Schiffen, bekannt sind die Walfänger.

(Dies war auf den Inseln ein großer Einschnitt im gesellschaftlichen Leben und es ist gut verständlich, dass dieser Abschied der Männer dann das Bedeutendste wurde.)

Antreten eines neuen Amtes oder Beginn eines neuen Lebensabschnitts,

Essen bei natürlichem Licht.

Und wie bei der Hochzeit der Polterabend ausgelassen gefeiert wurde, so wurde auch das Ende des Jahres, des Winters am Abend zuvor mit einem Tanz um das Feuer ausgelassen begangen.

 

Beide Quellen fielen nun zusammen und machten aus dem 22. Februar einen besonderen Tag und aus dem Vorabend (wie Weihnachten, Polterabend) ein besonderes Fest.

 

 

BIIKE in St. Peter

In St. Peter war nun der Petri-tag noch bedeutsamer, weil die Kirche dem St. Petrus geweiht ist und am Petri-tag auch die Kirchenrechnungen abgehalten wurden. Der Petritag war in St. Peter ein vorwiegend kirchlicher Verwaltungstag.

Hier haben wir das Glück, tatsächlich mehrere Belege zu besitzen, die den Petritag als Neubeginn beweisen. So gibt es in den kirchlichen Protokollbüchern den Hinweis auf die

 

PETRIRECHNUNGEN

An diesem Tag wurden die Jahresrechnungen der Armenkasse abgeschlossen, die Kostgänger (Waisen und Kinder armer Eltern) wurden verdungen, Land wurde verheuert, Arbeiten vergeben. Da die Kirche, besonders in Form der Armenkasse stark in das soziale Leben der Gemeinde eingriff, war dieser Tag bedeutsam. Die Armen bekamen ihre Unterstützung, die Reichen wurden zur Kasse gebeten. Am Petritag wurde die Jahresrechnung zum Abschluß gebracht. Man kann es gut vergleichen mit unseren heutigen Jahreshauptversammlungen, die ja auch heute noch alle ins erste Quartal des Jahres fallen.

PETRIPRÜFUNGEN

Dies waren die heutigen Konfirmandenprüfungen. Heute bedeuten diese Prüfungen nicht mehr den entscheidenden Lebensabschnitt wir früher, aber noch vor 50 Jahren war die Konfirmation der Eintritt in die Erwachsenenwelt und somit der entscheidendste Einschnitt im Leben eines Menschen.

Jetzt wird auch verständlich, dass die Konfirmanden immer die eigentlichen Ausrichter des Feuers sind. Sie sammeln das Holz, bewachen und verteidigen das Feuer gegen andere Dörfer und streben danach, das höchste Feuer zu haben. Sie feierten ihren Abschied von der Kinderwelt oder den Einstieg in die Erwachsenenwelt.

PETRISTUHL

Eine zweite Quelle für St. Peter haben wir in den Stuhlregistern. Jedes Haus hatte früher in der Kirche seinen eigenen Stuhl, der jährlich auch bezahlt werden mußte - eine Art von Kirchensteuer. Der Pastor Hamkens hat 1771 ein solches Stuhlregister angefangen. Es wurde bis Mitte des 19. Jht. geführt.

Wenn ein Haus abbrannte, wenn der Besitzer verstarb oder das Haus verkauft wurde, dann wurde auch der Stuhl in der Kirche umgeschrieben und dies geschah immer am Petritag. An diesem Tag nahm man seinen neuen Stuhl an und bezahlte ihn.

 

Zum Abschluß gab es dann ein Petri-essen oder Petri-bier.

 

Claus Heitmann /AGO