Das Eiderstedter Alphabet

 

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Fehde: Eiderstedt gegen Dithmarschen

 

Um 800

Die Eider bildet die Grenze zwischen den Eiderstedtern und Dithmarschern. Der Fluss ist aber nicht nur Stammesgrenze, sondern auch Landesgrenze. Seit Karl dem Großen und Knud von Dänemark gilt die Eider als die Grenze zwischen dem germanischen und dem skandinavischen Bereich. Später wurde sie die Grenze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen. [1]

Gleichzeitig war die Eider immer der wichtigste Handelsweg zwischen der Nord- und Ostsee. Wichtig für den Salzhandel der Friesen, für die Eroberungszüge der Wikinger und für die Kaufleute der Hanse. Alle haben ihre unterschiedlichen Spuren hinterlassen.

Für die Dithmarscher und die Eiderstedter war die Eider beides: Grenze und gemeinsamer Handelsweg, aber auch kriegerischer Kampfplatz.

 

Um 1400

Um 1400 besteht Schleswig-Holstein noch aus verschiedenen Zentren: im Westen die Friesen, im Norden Schleswig, im Osten die Holsteiner und im Süden die Dithmarscher, die wiederum an Hamburg und Stade grenzten. Erst ab 1460 redet man von Schleswig-Holstein als "up ewich ungedeelt"

Nordfriesland, die Uthlande und darunter Eiderstedt verloren im 13. Jahrhundert ihre Unabhängigkeit, obwohl sie ihre Freiheit noch 1252 im Kampf gegen König Abel verteidigen konnten.

Die Dithmarscher dagegen konnten ihre Unabhängigkeit fast 300 Jahre länger verteidigen, obwohl sie von drei Seiten bedrängt wurden. Sie verteidigten ihre Freiheit nach folgendem Prinzip: Umkesselt von Holsteinern, Nordfriesen und Hamburgern überfielen sie ihren Nachbar immer dann, wenn dieser in einer Auseinandersetzung anderer Art verwickelt war. Dann griffen sie den Schwachen an, überfielen, raubten, verbrannten und zerstörten sein Gebiet. Sie verloren erst ihre Freiheit 1559 als alle Nachbarn sich einig waren.

 

Ein Höhepunkt der nachbarlichen Auseinandersetzung ist die

Fehde zwischen den Eiderstedtern und den Dithmarschern von 1403 bis 1416

 

1402 werden die Dithmarscher von den Holsteinern angegriffen und müssen sich verteidigen. Die Nordfriesen halten diesen Augenblick für günstig, um den Dithmarschern eins auszuwischen und

1403 sperren sie 7 ehrliche Dithmarscher Frauen in die Tönninger Kirche ein, um später Lösegeld auszuhandeln oder zu erpressen.

Fünf Tage später kommen die Dithmarscher nach Tönning, verbrennen und verwüsten die Stadt und das halbe Land und nehmen die mit nach Hause. Sie rächen sich für den Angriff der Eiderstedter.

Kurze Zeit später richten sich diese wieder auf und beginnen erneut gegen die Dithmarscher zu sticheln.

 

1413 ergreifen die Eiderstedter zur Nachtzeit fünf Männer aus Dithmarschen und beschuldigen diese Pferdediebe zu sein. Auf Pferdediebstahl steht Todesstrafe. Unter diesen fünf Männern ist Hebbeke Volkeff, ein reicher Sohn, dessen Mutter einen Scheffel von Geld zur Rettung bietet. Sogar die Norddithmarscher bieten einen ewigen Frieden mit Siegeln und Geißeln an. Die Eiderstedter verweigern aber die Angebote und bauen auf dem Deich von Vollerwik einen Galgen, an den sie die fünf angeblichen Pferdediebe hängen, ohne einen Prozess zu führen und ohne deren Schuld nachzuweisen.

 

Daraufhin verteilt die Mutter das Geld und ganz Norderdithmarschen macht ein Landesaufgebot und zieht kriegerisch

1414 gegen die Eiderstedter. Diese sind vorbereitet und wehren sich auf dem Borchsande (heute Grothusenkoog) und bereiten anfangs den Dithmarschern eine empfindliche Niederlage mit angeblich 500 Toten. Dithmarschen sammelt seine Kräfte und beginnt einen Rachefeldzug, der mehrere Jahre dauert. Sie verwüsten die Landschaft, zwingen die Bewohner auf den Warften ohne Häuser und Feuer zu leben, die sie auch nicht wieder aufbauen durften. Außerdem müssen die Eiderstedter hohe Strafgelder zahlen.  Die Eiderstedter erholen sich aber schnell, verweigern die Strafgelder, so dass die Dithmarscher in den Jahren

1415 die Harde Eiderstedt wiederholt ausplündern und

1416 die Harde Utholm und Everschop ein drittes Mal überfallen.

 

In der Folgezeit gibt es auch Phasen des normalen Handelsverkehrs mit Ruhe- und Friedenszeiten aber vielen kleinen Sticheleien. In den Gerichtsverhandlungen des Amtmannes Otto Spliet von 1447 ist die Obrigkeit bemüht, Streitigkeiten zu schlichten, vor allem um die Brüchegelder zu kassieren, denn diesen fallen an den jeweiligen Herrscher. Sie betrugen teilweise das Zehnfache der Steuern. Auch werden Friedenszeiten bestimmt, um Ordnung zu halten und um bei jedem Streitfall die doppelte Strafe / Brüche zu kassieren.

 

1435 werden die Eiderstedter Herzogsfriesen, denn sie kommen zum Herzog von Schleswig. Dieser klagt gegen die Dithmarscher auf Schadensersatz. Die Untaten der Dithmarscher und Eiderstedter werden in einer Klageschrift von

1447 zusammengefasst. Der Herzog fordert von den Dithmarschern einen Schadensausgleich von 200 000 Mark. Das Schiedsgericht besteht aus dem Dompropst in Hamburg und den Lübecker Ratsleuten. Die Forderungen werden nie erfüllt mit der Begründung, dass die Dithmarscher gegen Nordfriesland gekämpft hätten als sie königlich und nicht herzoglich waren. Somit hätte der Herzog von Schleswig gar keinen Anspruch auf einen Schadensersatz.  

1494 Hamburg, Stormarn, Stade und Schleswig, Nordfriesland inkl. Eiderstedt streiten sich um die Fischgründe und die Zugehörigkeit von Helgoland. 

1500 An der Schlacht bei Hemmingstedt beteiligen sich die Eiderstedter, um Rache zu nehmen. Die Eiderstedter verlieren, die Dithmarscher gewinnen.

1527 sind die Schandtaten gegenseitig aufgerechnet.

Die nachbarlichen Streitigkeiten gehen weiter bis 1559 als Dithmarschen seine Unabhängigkeit verliert.

 

 

 

 Claus Heitmann /AGO

 

[1] Sacrum imperium seit 1254 belegt; regnum teutonicum; deutscher Nationen seit dem späten 15. Jahrhundert.

       Kein eigentliches Reich, sondern eine Art Ständevereinigung. (Das Reich dauerte bis 1806.)