Historische Entwicklung von Bad St. Peter-Ording (Kurzfassung)
Schon der Name des heutigen Bades deutet auf ein Zusammenwachsen von mehreren Orten hin. So sind drei Orte im Laufe der Zeit zu einem Ort zusammengewachsen.
Das Dorf St. Peter hieß ehemals Ulstrup und die erste Erwähnung des Namens St. Peter datiert von 1373, als die Ratsherren der Gemeinde Ulstrup den Hamburger Kaufleuten freies Geleit und sicheren Schutz gewährten. St. Peter ist der Name der Kirche, Ulstrup ist der Name des Kirchspiels. Ein spektakulärer Gerichtsfall auf dem Thing vor der Kirche St. Peter im Jahre 1445 brachte diese in aller Munde, so dass sich der Name auf den Ort übertrug; außerdem hatte Ulstrup durch Sandflug viel Land verloren.
Süderhöft/Böhl musste nach der Sturmflut von 1553 seine Eigenständigkeit 1558 aufgeben.
Ording vereinigte sich zuerst 1867 auf kirchlicher Ebene mit St. Peter, nachdem wegen Sandverwehungen und Landverluste von ca. 500 ha die Kirche zweimal zurückversetzt werden musste. Sie wurde 1724 auf ihrem jetzigen Platz errichtet.
1877 gilt als das Gründungsdatum des Bades, als in den Dünen zwischen St. Peter und Ording das erste Hotel erbaut wurde und sich das Badzentrum entwickelte.
Strandhotel St. Peter-Bad um 1883
Zeichnung von F.G. Müller, Verden
Wilheminenhöh um 1900, erst Hotel dann Pflegeanstalt.
1967 wurden Ording und St. Peter zu einem Amt unter einer Verwaltung zusammengefasst mit dem Namen Bad St. Peter-Ording.
Der Ort hat heute die stärkste wirtschaftliche Kraft in Eiderstedt. Er galt aber früher als das Armenhaus der Landschaft, da durch den Sandflug die Äcker unfruchtbar wurden. Die Bevölkerung lebte von der Landwirtschaft. Trotzdem waren die Orte stark besiedelt, da viele Anwohner sich aus dem Meer ein Zubrot holen konnten. (vgl. Skulptur "Jan und Gret"). Das Kapital von St. Peter-Ording ist heute die Landschaft: Dünen, Wald, Vorland, Salzwiesen, Strand und Meer bilden die Elemente der Attraktion für die Sinne und das Klima ist als heilsamer Reiz für die Gesundheit erkannt. Aber erst nachdem dies erkannt worden war, wuchs der Ort, der in alten Zeiten nicht mehr als 800 Bewohner im Dorf und 120 in Ording hatte, zur heutigen Größe von 4200 Bewohnern und 4000 Zweitwohnungsbesitzern, die hier ihren Lebensabend verbringen. 1913 entstand das erste Sanatorium an diesem Ort, dem 50 Jahre später weitere Rehakliniken folgten. Heute ist St. Peter ein zentraler Ort für Rehabilitation und Erholung mit über 2 Millionen Übernachtungen im Jahr.
Wenn auch der Ort am westlichsten Ende von Eiderstedt direkt am Meer gelegen ist, so hat er nie Bedeutung als Hafen oder Fischerdorf gewonnen. Alle Zugänge zum Meer, alle möglichen Häfen, versandeten nach kurzer Zeit. Es gab nur eine kurze Blütezeit des Störfangs zwischen 1920 und 1935 und die kurze Periode des Krabbenfangs nach 1946, aber beide Epochen haben aus St. Peter und Ording keine typischen Fischerdörfer gemacht. Die ungünstige Verkehrlage erlaubte diese Entwicklung nicht. Die Sturmflut von 1962 zerstörte schließlich die kleine Flotte der Ordinger Fischer. Dennoch hat St. Peter mit dem Meer zu tun, wie der Gleitbrief von 1373 bezeugt. Schon zuvor müssen die Wikinger hier gelandet sein, denn Wittendün zeigt Spuren von früher Besiedlung und einen Fund, der auf das Begräbnis einer Wikingerin hinweist. Es war vor allem Süderhöft der erste Anlaufpunkt für die Schiffe, die von See kamen. Später - 1421 - gibt es dann einen Hinweis auf einen spektakulären Strandfund nach einem Schiffbruch, schon 1647 errichtete die Behörde eine Bake an der südlichsten Stelle, um den Schiffen die Einfahrt in die Eider zu erleichtern. Die Tatsache, dass in Süderhöft ein Ankerstein gefunden wurde und dass in Süderhöft eine Kapelle stand und dass der Ort einen eigenen Lehnsmann hatte, all dies weist eine größere Bedeutung dieses sicheren Landeplatzes an der Südspitze hin.
Die Verkehrsanbindung war lange Zeit das Handicap des Ortes. St. Peter ist das einzige Nordseebad mit einem langen Sandstrand und direktem Zugang zum Meer, d.h. man braucht keine Fähre und keinen Damm. Die direkte Verbindung hat sich immer verbessert: 1926 wurde die Seebrücke gebaut, die direkten Zugang zum Meer ermöglicht; seit 1932 erleichtert die Eisenbahn die Reise in den Badeort; 1973 wurde die Strecke Hamburg- St. Peter-Ording durch das Eidersperrwerk noch schneller gemacht. Dadurch ist St. Peter der Badestrand mit dem besten Anschluss und, um diesen Vorteil nicht zu verlieren, ist das Parken auf der Sandbank ein wichtiger Punkt für die Wirtschaftlichkeit des Badeortes.
Seebrücke im Bad um 1928 mit Eisabweisern
Das Herz des Badeortes ist der Strand, und der zusammengewachsene Ort von mittlerweile 12 km Länge hat einen ebenso langen Strand, der bis zu einen Kilometer breit ist. Dieser Strand war Lebensquelle für die Strandläufer, die nach jeder Flut den Strand abliefen und nach Strandgut suchten (Holz, Bernstein, manchmal auch Leichen). Man nannte sie auch die Hitzlöper, weil Sie auf der Hitze liefen, wie die große Strandfläche früher auch hieß. Strandgut war eine begehrte Ware, so dass der Herzog und seine Vertreter auf eine exakte Abgabe pochten; aber die wertvollen Dinge wurden in den Dünen versteckt und brauchbarer Wein oder Rum wurde ausgetrunken oder zu "Winsupp" verwandelt. Für die Strandleichen gab es ein "Schipperhus", wo sie zur Identifizierung aufbewahrt wurden. Die Strandlöper hatten in Eiderstedt als die Müßiggänger einen schlechten Ruf, da sie mit Spazierengehen ihren Unterhalt verdienen wollten. Etwas von dieser Mentalität soll auch heute noch spürbar sein: man lebt von dem, was kommt: den Gästen.
Giftbude auf der Sandbank in Ording um 1920, betrieben von Max Ranft, Bäckerei in Ording
Es gibt heute fünf bewachte Badestellen mit den Pfahlbauten, die wohl das typischste Merkmal für St. Peter sind. An jedem Badestrand stehen drei Gebäude: DLRG-Aufsicht, Restaurant und Toiletten. Das erste Gebäude wurde 1911 zwischen Ording und Bad errichtet und hieß die "Giftbude", weil es dort "wat giv" (Cognac). Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass die Seebrücke, die 1926 gebaut wurde, über freies Wasser führte, und dass Ausflugsschiffe nach Helgoland und zu den Halligen von der Brücke starteten. Die Brücke führte zu einer Sandbank, wo man den starken Wellenschlag genießen wollte. Die Fischer der beiden Orte setzten die Badegäste für 10 Pfennige auf die Sandbank und holten sie auch von dort wieder zurück. Heute befinden sich hier die wertvollen Salzwiesen, die das Vorland vor St. Peter zu einem seltenen Biotop machen.
Die Dünen machten aus St. Peter die "Wüsten Arabiens" (1795 Volckmar), d.h. zu der Zeit waren es vorwiegend "weiße Dünen", Dünen ohne Bewuchs. Die Bepflanzung begann erst 1860 auf Anordnung der Deichgrafen, die für die Sicherheit der Landschaft verantwortlich waren. Der heutige Wald ist das Ergebnis dieser verordneten Bepflanzung. Leider waren die armen Bewohner von St. Peter und Ording uneinsichtig und gingen in die Dünen, um die langen Wurzeln des Strandhafers zu sammeln, um daraus die Bindfäden für die Reetdächer zu machen. Dadurch lockerten sie den Sandboden noch mehr, so dass die Dünen bei jedem leichten Wind fortwehten. Der dänische König - bis 1864 war unsere Regierung in Kopenhagen - schickte einen Unteroffizier mit sechs Mann nach St. Peter, die als Dünenwache diesen Raubbau beenden sollten.
Diese dänische Oberherrschaft bis zur Eider wird heute vergessen. Sie dauerte bis 1864. Die Eider war Staatsgrenze und jenseits der Eider lag das Ausland, wohin man sich retten konnte, wenn man ein Verbrechen begangen hatte, wo man aber auch als Feind galt und unfreundlich behandelt wurde. Viele Streitigkeiten mit den Dithmarschern erklären sich aus dieser Situation. Aber auch Möglichkeiten der Rettung bot diese Grenze. So wurden 1850 sieben Freiheitskämpfer von Süderhöft nach Büsum von couragierten Süderhöfter Bürgern gerudert und so gerettet, auch der Pastor Hamkens konnte 1780 die Pension seiner Frau retten, indem er ins feindliche Ausland - nach Lunden - ging. Ab 1867 gehörte St. Peter zu der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Der Kreis Eiderstedt verlor einen Teil seiner Eigenständigkeit und man war auf Bismarck nicht gut zu sprechen. Nach 1945 gab es Bemühungen von dänischer Seite, die Eider zur südlichen Grenze von Dänemark zu machen, aber das Wirtschaftswunder der 50/60er Jahre verhinderte dies. Heute leben die Eiderstedter und so auch die St. Peter-Ordinger versöhnt mit den Dänen, den Preußen und den Dithmarschern.
Claus Heitmann/AGO